,

Leben in der Kindschaft Gottes

IN DER GEBETSSCHULE DER GOSPA

 

Leben in der Kindschaft Gottes

Gespräch mit Marija Dugandzic-Stelzer

 

Marija, du warst viereinhalb Jahre in einer Gebetsgruppe, die von der Mutter Gottes geleitet wurde. Was war dabei am wichtigsten für dich?

Die wichtigste Erfahrung für mich ist, dass ich die ganze Zeit hindurch wirklich empfinden konnte, ein Kind Gottes zu sein, und dass ich mit Gott wie mit einem Vater reden kann, dass er mich hört. Früher, als ich mein Gebet noch wie eine Pflicht verrichtete, konnte ich Gott niemals so nahe erfahren. Durch die Gebetsgruppe habe ich begonnen, ganz tief in mir zu empfinden, dass Gott lebt, dass er in meinem Leben anwesend ist, und dass er einfach alles für mich ist.

Wie ist ein Gebetstreffen konkret in eurer Gruppe verlaufen? Wie habt ihr den Gebetsabend gestaltet und wie hat euch die Gospa dabei geführt?

Ihre Methode, die Art, wie sie uns geführt hat, ist ganz einfach die Liebe. Durch sie spricht Jesus zu uns. Alles entspricht genau der Goldenen Regel des Evangeliums (vgl. Mt 7,12). Als Gruppe trafen wir einander schon vor den Erscheinungen mit Pater Jozo Zovko. Während der ersten zwei Jahre der Erscheinungen begannen wir, auch frei zu beten, und Gott bei Meditation und Evangelium spontan zu preisen. Dann forderte uns die Gospa durch Jelena auf, eine neue Gebetsgruppe mit Jugendlichen zu bilden, die ihr Leben auf besondere Weise Gott weihen und vier Jahre hindurch der Mutter Gottes durch die Botschaften folgen.

Am Anfang verlangte die Mutter Gottes, dass wir uns einmal wöchentlich treffen. Im Großen und Ganzen setzten wir in der gewohnten Art des Gebetes fort: spontane Gebete und Betrachtung der Botschaft, die uns die Gospa jeden Dienstag gab. Nach einiger Zeit wünschte sie, dass sich das Programm unseres Gebetsabends ein wenig ändere, und sie begann, uns den Jesus-Rosenkranz beten zu lehren. Den Jesus-Rosenkranz kannten wir schon von früher. Es ist ein Gebet mit dreiunddreißig Vaterunser. Die Gospa teilte diesen Rosenkranz aber in Geheimnisse auf, sodass wir nun jeden Dienstag das Leben Jesu betrachteten. Beim Jesus-Rosenkranz erinnere ich mich an das ganze Leben Jesu, und wenn ich die einzelnen Geheimnisse befolge, so bringt mir das für mein eigenes Leben sehr viel.

Beten, um den Versuchungen zu widerstehen

Schon nach kurzer Zeit sagte die Mutter Gottes, dass ein wöchentliches Treffen zu wenig ist und dass wir uns zusätzlich an einem anderen Tag sehen und miteinander beten sollten. Sie schlug uns vor, selbst einen Tag zu wählen. Wir entschieden uns für den Donnerstag und bekamen nun auch an diesem Tag, so wie dienstags, eine Botschaft von ihr.

Die Gospa bat uns, für den Bischof zu beten. Vielleicht waren damals die Stürme gegen ihn am stärksten, denn er begann in dieser Zeit sich gegen die Ereignisse in Medjugorje zu stellen. Wir beteten jeden Donnerstag besonders für unseren Bischof — sieben Vaterunser, sieben Gegrüßet seist du Maria, sieben Ehre sei dem Vater und ein Gebet zum Heiligen Geist. Ich glaube, die Mutter Gottes gab uns das Gebet nicht nur für ihn, sondern sie wollte uns zugleich zeigen, wie wir allen Versuchungen widerstehen können — einzig mit dem Gebet. So beteten wir einfach viel dafür.

Als 1986 das Jahr des Friedens begann, verlangte die Gottesmutter, dass wir uns selbst eine Aufgabe stellen, um etwas für den Frieden in der Welt beizutragen. Wir fingen an, jeden Donnerstag zusätzlich fünf Vaterunser zu Ehren der fünf Wunden Jesu und ein sechstes Vaterunser für den Heiligen Vater zu beten. Unser Gebet endete immer mit spontaner Danksagung und dem Gebet um den Segen.

Beziehungen zueinander aufbauen

Nach einiger Zeit verlangte die Mutter Gottes, dass wir uns ein drittes Mal treffen sollten. Sie bemerkte offensichtlich einige Schwierigkeiten in der Gruppe. Es gab kleinere Gruppen innerhalb der großen Gruppe, es gab Mitglieder, die sich immer nur denselben Personen öffnen wollten, so dass innerhalb der Gruppe keine richtige Harmonie entstehen konnte.

Die Mutter Gottes sagte, dass wir dem entgehen können, wenn wir uns regelmäßig treffen und miteinander reden, wobei wir bei der Person beginnen müssen, mit der wir am wenigsten Kontakt haben, die uns am wenigsten sympathisch und am wenigsten lieb ist. So forderte sie uns eines Tages während ihrer Anwesenheit durch eine Botschaft auf, im selben Augenblick an die Person zu denken, mit der wir keinen richtigen Kontakt haben. Wir sollten einander eine Woche hindurch treffen, miteinander reden und gemeinsam beten.

Dann bekamen wir als Aufgabe, uns Woche für Woche immer mit jemand anderem aus der Gruppe, zu dem wir noch keinen richtigen Kontakt gefunden hatten, zu treffen. Diese besondere Art, Beziehungen zueinander aufzubauen, hat mir persönlich viel gebracht. Aber nicht nur für mich war das wichtig, sondern für uns alle — als Gruppe und als Gemeinschaft. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es nicht möglich ist, sich wirklich zu öffnen, solange man einander nicht gut kennt. Es bleibt in jedem einzelnen immer eine Reserve zurück, die er der Gemeinschaft nicht geben kann, und die eine Einheit in der Gruppe nicht ermöglicht. So wurde bei unseren Samstagstreffen, die die Mutter Gottes wünschte, mehr miteinander gesprochen als gebetet.

Aber ein richtiges Gespräch kann auch wie ein Gebet sein. Es ist wichtig, einander wie Brüder und Schwestern zu begegnen, denn Gott kann uns durch jeden einzelnen viel erkennen lassen und durch den Austausch unserer Erfahrungen reich beschenken. In letzter Zeit gibt uns die Gospa selbst oft ein Thema, das wir im Gespräch behandeln sollen. Wir merken dabei, wie sie tatsächlich anwesend ist, wie sie uns jeden Augenblick begleitet und uns weiterhilft. Es ist für unsere Gebetsgruppe ganz wichtig, dass wir uns auch privat zum Gebet und Gespräch treffen. Wir sollen zu einem harmonischen Leben, in dem all das zur Einheit wird, finden und nicht zu einem extremen Gebetsleben.

Vier Momente des Gebetes

Die Gospa erklärte uns einmal eine Technik des Gebetes. Dabei zeigte sie uns, wie unsere Begegnung mit Gott als einzelner und als Gruppe sein kann. Sie hob vier Momente des Gebetes hervor: Zu Beginn sollen wir unser Gewissen prüfen und unsere Sünden und Fehler bereuen. Danach können wir Gott unsere Anliegen vorbringen. Es folgt das Gebet des Dankes und zum Abschluss das Gebet um den Segen.

Die Mutter Gottes gab uns diese Botschaft, weil sie sah, dass unser gemeinsames Gebet oft ohne Bezug zueinander war. Wenn wir spontan zu beten begannen, sprach der eine eine Fürbitte, der nächste ein Dankgebet und der dritte bat vielleicht schon um den Segen. So konnte unser Gebet nicht einheitlich werden. Darauf hatte uns auch schon unser Priester aufmerksam gemacht, aber am meisten half uns die Ermahnung der Mutter Gottes. Sie zeigte uns diese vier Momente im Gebet, und langsam fühlten wir eine Bindung an diese Ordnung und erkannten auch die Notwendigkeit, so zu beten.

Die Prüfung des Gewissens

Wir beginnen unser Gebet mit der Prüfung unseres Gewissens. Denn jeder von uns trägt, wenn er zu beten beginnt — sei es in der Früh, am Abend oder irgendwann tagsüber —, in sich etwas, das ihn bedrückt und worüber er im Gebet nicht hinwegkommt. Das sollen wir Gott ganz bewusst zeigen, was immer es auch sein mag. Vielleicht ist es eine Sünde oder auch etwas Gutes, jedoch hindert es uns in diesem Moment, unser Herz zu öffnen. Wenn wir gesündigt haben, wollen wir Gott um Verzeihung bitten und unsere Brüder und Schwestern, wenn wir gegen sie gefehlt haben. Sich selbst zu verzeihen ist ebenfalls notwendig, weil wir uns sonst nicht annehmen können, wie wir sind. So schaffen wir Gott einen Raum in uns, in dem er wirken kann.

Die Mutter Gottes sagte einmal, dass man in ein volles Glas nichts mehr hinein leeren kann. Wenn unser Herz voll ist mit Problemen und Sünden, kann Gott für sein Geschenk keinen Platz in uns finden. Nur durch Gebet können wir für Gott diesen Raum schaffen. Die Mutter Gottes rät uns, dass wir dann, wenn wir Gott alles gezeigt haben, was uns belastet, in Stille verbleiben sollen, um seine Verzeihung annehmen zu können. So werden wir die Versöhnung mit Gott und seinen Frieden erfahren. All das ist aber nur möglich, wenn wir uns im Gebet öffnen. Es ist zu wenig, nur neben einer Tätigkeit zu beten. Nur wenn wir uns Zeit für das Gebet nehmen, werden wir seine Tiefe erfahren können.

Wir bringen Gott unsere Anliegen

Der zweite Schritt im Gebet ist es, alle unsere Anliegen vorzubringen. Die Mutter Gottes sagte, dass wir vor allem um den Willen Gottes beten sollen. Der Wille Gottes soll sich in allem, wofür wir beten, erfüllen. Niemals dürfen wir unsere Interessen, unsere Wünsche vor den Willen Gottes stellen. Bei jedem Anliegen, um das wir beten, soll unser einziges Ziel sein, dass der Wille Gottes geschehe. So werden wir es auch annehmen können, wenn Gott unsere Wünsche nicht gleich erfüllt, weil das im Moment vielleicht besser für uns ist.

Natürlich können wir Gott um alles bitten. Wir haben das Recht dazu von ihm bekommen, und wenn wir bitten, können wir uns ganz als seine Kinder fühlen. Im Gebet dürfen wir alle unsere Anliegen vorbringen: Wir beten für Kranke, für Menschen in Not, für all das, wofür wir im Augenblick verspüren, beten zu müssen. Darin drückt sich auch die Spontaneität des Gebetes aus. Und das spontane Gebet ist ein Gebet, das von Herzen kommt, ein Gebet meines jetzigen Lebens. Es ist niemals das gleiche Gebet wie gestern, denn der heutige Tag bringt Neues, und durch mein Gebet entsteht für mich ein neues Leben.

Das Dankgebet

Das dritte Moment im Gebet ist das Dankgebet. Die Mutter Gottes sagte uns, dass wir eine sehr undankbare Generation sind. Wir glauben, dass alles, was wir haben, was wir besitzen, unser Verdienst ist oder durch Zufall in unsere Hände geraten ist. Sie sagte, der Mensch zähle zu sehr auf seine eigene Stärke und könne nicht danken. Wer aber nicht danken kann, der kann auch nicht den Wert des Geschenkes erfassen, das Gott ihm gegeben hat.

Die Gottesmutter sagte, dass wir uns dessen vollkommen bewusst sein müssen, dass alles, was wir haben und was wir sind, ein Geschenk Gottes ist. Gerade im Danken können wir am besten unser Vertrauen Gott gegenüber ausdrücken. Besonders dann, wenn wir auch für das danken, was er uns nicht gegeben hat.

Das Gebet um den Segen

Der vierte Moment ist das Gebet um den Segen. Die Mutter Gottes sagte uns, wir sollen jedes Gebet mit dem Gebet um den Segen beenden. Sie betonte die Wichtigkeit, nach dem Gebet mit Gottes Segen, mit seiner Gnade und Hilfe wieder in das normale Leben einzutreten. Wir dürfen niemals sicher sein, dass uns nichts Schlimmes widerfahren kann oder dass wir kein Kreuz tragen müssten. Jedoch können wir immer mit der Sicherheit weggehen, dass Gott wirklich mit uns ist. Dann wird er in allen Schwierigkeiten siegen.

Die Gospa sagte, dass wir oft nicht gesammelt sind, zum Beispiel beim Segen am Ende der Heiligen Messe oder am Schluss des Gebetes. Manchmal sind wir mit unseren Gedanken bereits weit weg, als wäre das für uns die Erlösung vom Gebet. Wir sind oft bereits zerstreut, unseren Sorgen zugewandt und denken vielleicht schon an jemanden, der auf uns wartet. Die Gospa sagt, dass wir während des Segens ganz tief gesammelt sein müssten, weil Gott uns in diesem Augenblick reich beschenken möchte. Wenn wir uns nicht öffnen, werden wir diesen Segen nicht empfangen können, jedoch für ihn verantwortlich sein.

Für uns alle war das, was die Mutter Gottes über den Segen sagte, neu, ja sogar befremdend. Aber nachdem sie dies öfter wiederholte und auch später immer wieder betonte, wie wichtig es ist, während des Segens gesammelt zu sein, und auch, dass wir den Segen durch ein sündhaftes Leben verlieren können, begannen wir, diese Ermahnung der Mutter Gottes sehr ernst zu nehmen. Wir versuchten, beim Segen am Ende der Messe und beim Segen, den sie uns nach dem Gebet selbst erteilte, ganz wachsam zu sein. Allmählich wuchs unser Glaube, dass Gott sich uns in diesem Moment wirklich ganz schenken will.

Für mich ist es jetzt etwas Besonderes, gesegnet zu sein, den Segen empfangen zu haben. Immer, vor allem, wenn ich einem Priester begegne, würde ich am liebsten um den Segen bitten, weil ich so sehr die Notwendigkeit und Wichtigkeit des Segens verspüre.

Die Mutter Gottes empfahl unserer Gruppe, am Ende des Gebetes als Dank und als Bitte um den Segen gemeinsam das Vaterunser zu singen.

 

Marija, wie könnte aufgrund deiner Erfahrung eine Gebetsgruppe sein, damit sie zur Freude der Gottesmutter wird?

Schon der Name sagt es uns: Die Aufgabe einer Gebetsgruppe ist es, wirklich zu beten. Oft treffen wir uns als Mitglieder einer Gebetsgruppe einmal in der Woche zum gemeinsamen Gebet. In unserem privaten Leben beten wir aber selten und schenken Gott wenig von unserer Zeit. So machen wir keine richtigen Fortschritte und sind vielleicht schlechter Laune beim gemeinsamen Gebet. Geistiges Wachstum kann jedoch monatlich, ja sogar täglich geschehen, wenn wir wirklich beten.

Das gemeinsame Gebet in der Gruppe und das persönliche Gebet sollen einander ständig ergänzen. Ein Mensch kann geistig kaum Fortschritte machen, wenn er nur alleine betet. Ebenso ist geistiges Wachstum unmöglich, wenn es nur auf das Geschehen und die Erfahrungen innerhalb einer Gebetsgruppe bezogen ist.

Wenn ich den Entschluss fasse, dass das Gebet ab jetzt in mein tägliches Programm gehört, dann werde ich auch beten. Um eine Sache auch zu verwirklichen, ist es erforderlich, sich ein Ziel zu setzen. Das Gebet ist nicht das Ziel unseres Lebens, aber es ist ein notwendiges Mittel, um geistig zu wachsen und sich Gott immer mehr öffnen zu können. Der Mensch soll durch das Gebet den Willen Gottes erkennen und danach trachten, Gott noch mehr Freude zu bereiten.