„Gebet kann Frieden bringen“
FRIEDENSGEBET 2022
Gebet kann Frieden bringen
Medjugorje-Friedensgebet im Wiener Stephansdom
Zum intensiven Gebetsabend für Frieden besonders in der Ukraine wurde das diesjährige Medjugorje-Friedensgebet im Wiener Stephansdom. „Lass alle Waffen verstummen, beschenke die Mächtigen mit Weisheit und erfülle sie mit gutem Willen und Mut, den Weg des Friedens zu gehen!“, hieß es in einer Fürbitte des von Kardinal Christoph Schönborn geleiteten Gottesdienstes im Rahmen des Treffens am 20. September 2022.
Zu der insgesamt sechsstündigen Veranstaltung war auch der Bischof von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, nach Wien gekommen. Das Gebet um Frieden sei die wichtigste Unterstützung, die die Ukraine derzeit aus aller Welt erhalte, betonte der vom Krieg unmittelbar betroffene Bischof, denn: „Ohne Gottes Hilfe ist Friede unmöglich.“
Dass im Gebet – insbesondere auch für Verstorbene – große Kraft stecke und entscheidend zum Frieden beigetragen werde, sah Szyrokoradiuk im Schicksal seiner Diözese bestätigt, in der sich die Gläubigen seit Beginn des russischen Angriffes in den Kirchen zum Gebet versammelt hätten. „Odessa hat viele Wunder erlebt“, so der Bischof über die Folgen. Dreimal hätten russische Kriegsschiffe die Schwarzmeer-Küstenstadt ins Visier genommen, seien dann aber stets wieder umgekehrt – zweimal wegen eines plötzlich starken aufkommenden Seesturmes, ein drittes Mal, da sich die Schiffsbesatzung gegen die Bombardierung entschieden habe. Bis heute sei Odessa nicht besetzt und es herrsche trotz anhaltender Raketenangriffe und 40.000 Binnenflüchtlingen in der Stadt eine „gewisse Normalität“.
So wie er selbst seien auch die Priester und Ordensschwestern seiner Diözese an ihrem Einsatzort geblieben, um mit den Menschen zu beten und sie geistlich zu unterstützen, „auch in jenen Gebieten der Diözese, die bereits von Russland besetzt sind, wie etwa die Stadt Cherson“, berichtete Bischof Szyrokoradiuk. In den Predigten bei seinen Gläubigen erwähne er oftmals Österreich: Dass sich in der Alpenrepublik nach 1945 eine starke Gebetsbewegung – der vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek initiierte Rosenkranz-Sühnekreuzzug – gebildet habe und das Land zehn Jahre später seine Unabhängigkeit wiedererlangt habe, stelle für ihn eine große Hoffnung und ein Vorbild dar, erklärte der Bischof von Odessa-Simferopol.
Schönborn betet auch für Russland
Höhepunkt des sechsstündigen Gebetsabends war eine Eucharistiefeier mit Kardinal Schönborn. Der Wiener Erzbischof rief ebenfalls zum Gebet für die Ukraine auf, und auch „für die vielen russischen Soldaten, die oft gar nicht wissen, warum sie in diesen Krieg müssen und die ihr Leben lassen“. Auch andere Kriege wie jenen zwischen Armenien und Aserbaidschan oder im äthiopischen Tigray erwähnte der Kardinal. Die in Medjugorje als „Gospa“ bezeichnete Jungfrau Maria ermutige die Menschen unermüdlich, „auf Jesus zu vertrauen und weiter um Frieden zu beten“. Als weitere „Ermutigung“ bezeichnete Schönborn auch das Beispiel der ersten Christen Koreas, die auf ihrer intensiven Suche nach Wahrheit „von Gott berührt“ worden seien und davon allen Menschen erzählt hätten. „Das beste Zeugnis ist unser Leben“, schloss der Kardinal.
Über internationale Hungerkatastrophen sprach im Wiener Stephansdom der Gründer des Schulernährungsprogramm „Mary’s Meals“, Magnus MacFarlane-Barrow. Dank der vor 20 Jahren gestarteten Initiative werden derzeit über zwei Millionen Kinder in Hungergebieten tagtäglich verköstigt. „Doch noch viel mehr warten weiterhin auf diese Mahlzeit“, gebe es doch allein am Horn von Afrika derzeit 22 Millionen Hungernde, betonte der Schotte. Zutiefst erschüttert habe ihn bei seinem jüngsten Besuch im kenianischen Turkana die Begegnung mit einer Familie, die seit drei Tagen nichts gegessen habe. Schon zwei Jahre lang habe es in diesem Dorf nicht geregnet, „und nachdem derzeit die Tiere versterben, wissen die Menschen, dass als nächstes sie dran sind“. Sein in Medjugorje inspiriertes Hilfswerk schaffe „Hoffnung“ inmitten der Not, so MacFarlane-Barrow.
Frieden auf persönlicher und zwischenmenschlicher Ebene war in den Beiträgen junger Männer der Gemeinschaft „Cenacolo“ ein Thema. Die seit 25 Jahren im burgenländischen Kleinfrauenhaid beheimatete Einrichtung kümmert sich um Menschen in Lebenskrisen, oft infolge von Drogensucht oder Depression. Durch die Gemeinschaft und das Gebet hätten sie „wieder zurück ins Leben gefunden, nachdem ich so tot war wie der verlorene Sohn“, bekundeten mehrere Mitglieder. In weiteren Zeugnissen berichteten Jugendliche von Gebetserlebnissen im Medjugorje. Solange sie auf der Suche nach einer Sensation gewesen seien, habe sie der Wallfahrtsort enttäuscht. Nach einer Beichte habe sich dies jedoch geändert. Vor allem hätten sie dort „Zeit für das Wesentliche“ – nämlich das Gebet – gefunden.
Rosenkranz und Fasten
Aus Medjugorje angereist war zum Friedensgebet Ivan Dragicevic, der als einer der Gruppe der „Seherkinder“ bezeugt, seit nunmehr 41 Jahren weiterhin täglich die Jungfrau Maria zu sehen. Die Mutter Jesu bezeichne sich in diesen Visionen als „Königin des Friedens“ und sage, sie sei von ihrem Sohn gesandt worden, um den Menschen zum „Frieden im Herzen der Menschen, zwischen dem Menschen und Gott und unter allen Menschen“ zu verhelfen, erklärte Dragicevic. Viele suchten den Frieden jedoch am falschen Ort. Wahrer Friede sei nur durch „Umkehr zu Gott, indem man ihm den ersten Platz gibt“ zu finden. Besonders das Rosenkranzgebet und das „Fasten, das die Kraft hat, sogar Kriege aufzuhalten“ hebe Maria in ihren Botschaften hervor.
Der Rosenkranz wurde auch beim Friedensgebet im Stephansdom gebetet, unterbrochen von einer fast zehnminütigen völligen Stille der im Dom Anwesenden. Dragicevic erklärte später, ihm sei in diesem Moment die „Gospa“ erschienen. Sie habe lange Zeit für Frieden in der Ukraine gebetet, sowie auch für die anwesenden Bischöfe, Priester und Gläubigen. Der Abend klang mit einer eucharistischen Anbetung aus, die von einem großen Chor mit Instrumentalensemble sowie Betrachtungen von Kardinal Schönborn gestaltet wurde.
Wiener Tradition seit 2008
Aus Medjugorje in Bosnien-Herzegowina werden seit 1981 Marienerscheinungen berichtet, über deren Echtheit die katholische Kirche jedoch trotz mehrfacher Prüfungen noch kein offizielles Urteil gefällt hat. Ein beauftragter Visitator von Papst Franziskus, seit 2021 Bischof Aldo Cavalli, hält sich in dem Wallfahrtsort auf und ist insbesondere für die Begleitung der Pilger zuständig. In Österreich hat sich in den 1980er Jahren eine sich auf Medjugorje berufende Gebetsbewegung gebildet, die seit 2008 in Zusammenarbeit mit der Johannesgemeinschaft des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens und zahlreichen religiösen Gemeinschaften der Erzdiözese Wien alljährlich im September das Friedensgebet im Wiener Stephansdom veranstaltet. Mit stets mehreren Tausend Teilnehmenden zählt es zu den größten religiösen Ereignissen im Land.
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