Unsere Hoffnung ist der Himmel

Unsere Hoffnung ist der Himmel

Gedanken zum neuen Jahr von Christian Spaemann

Ein angsteinflößendes Szenario, dem wir mit unserem Leben und Hoffen gegenüberstehen.

 

Bevor wir die christliche Hoffnung thematisieren, erscheint es sinnvoll, einen Blick auf die Hoffnungslosigkeit unserer Zeit zu werfen. Viele Menschen empfinden eine zunehmende Verdüsterung der Perspektive auf die Gegenwart und Zukunft. Aufstrebende totalitäre Großmächte, Kriege, Destabilisierung ganzer Länder durch Migration, Umweltverschmutzung, eine Digital-, Tech- und Finanzindustrie, die mehr und mehr das selbstbestimmte Leben der Staaten und ihrer Bürger aushöhlt. Mediale Manipulation, eine transhumanistische Ideologie, die meint, die menschliche Identität digital erweitern zu können, technokratische und gewinnträchtige Beherrschung von Natur und menschlicher Gesundheit, eine geradezu diabolische Selbstüberhebung des Menschen über seine Kreatürlichkeit, Sexualität als Versatzstück für beliebige Lebensformen, der Verlust des Verständnisses für die menschliche Natur, sei es in ihrer leiblichen, seelischen oder geistigen Dimension, zunehmende Orientierungslosigkeit und das Einströmen von Ideologien in sinnentleerte Räume, die die Religion zurückgelassen hat.

Zusammengefasst ein ziemlich angsteinflößendes Szenario, dem wir mit unserem kleinen Leben und mit unseren alltäglichen Hoffnungen gegenüberstehen. Ja, jeder hat Hoffnungen, Hoffnung auf den Erhalt des Arbeitsplatzes, auf einen nächsten schönen Urlaub, auf den Zusammenhalt seiner Familie und auf ein gelungenes Leben der Kinder. Wir Menschen sind aber keine Maulwürfe, die zufrieden sind, wenn sie sich blind durch das Erdreich wühlen können. Wir sind geistige Wesen, ausgelegt auf das große Ganze, und so stehen wir mit unseren Alltagshoffnungen der bedrückenden Großwetterlage geradezu ohnmächtig gegenüber, es mag keine rechte Freude aufkommen.

Was ist aus der christlichen Religion geworden?

Seit 300 Jahren unter Beschuss, von den eigenen Theologen kleingeredet, die Gottheit Jesu kleingeredet, die Authentizität der Evangelien kleingeredet, die Wunder kleingeredet… Ja, irgendwie ist diese Religion noch präsent in unserer westlichen Gesellschaft, da und dort wird getauft, aus Tradition, das Sahnehäubchen für unser bürgerliches Leben darf nicht so ganz fehlen, bei jeder großen Katastrophe ein Gottesdienst, irgendetwas gibt‘s vielleicht doch, vielleicht ist nach dem Tod doch nicht alles zu Ende, vielleicht…

1981 – Hoffnung aus einem entlegenen Gebiet

Halten wir inne und schauen wir 42 Jahre zurück, wir schreiben das Jahr 1981. In dem kleinen Weiler Bijakovići, in einem der entlegensten Gebiete Europas, der Herzegowina, sagen sechs Jugendliche, dass ihnen die Mutter Jesu erscheint und dass wir umkehren, uns mit Gott und untereinander versöhnen, beten und fasten sollen. In kurzer Zeit sind Tausende, ja Millionen von Menschen auf der ganzen Welt von dieser schlichten Botschaft berührt. Wissenschaftler aus aller Herren Länder kommen nach Medjugorje, um die Seher zu untersuchen. Das Ergebnis: Sie sind alle seelisch gesund, lebensfroh und lebenstüchtig. Sie schauen bei Beginn der Erscheinungen in einem Bruchteil einer Sekunde synchron in dieselbe Richtung, sind während der Erscheinung von der Außenwelt abgeschottet und reagieren nicht auf Reize, nicht einmal der Lidschlussreflex ist auslösbar. Inzwischen gehen die Seher auf die 60 zu, gereifte, gesunde Menschen mit eigener Familie, glaubwürdige Zeugen. Nach wie vor sehen sie die Muttergottes, die einen täglich, die anderen einmal im Jahr. Die Seher erleben die Muttergottes realer als die diesseitige Welt. Sie beschreiben sie als wunderschön, voller Liebe, sie fühlen sich in ihrer Gegenwart sicher und geborgen.

Ich selber habe damals als Medizinstudent in Wien früh von den Erscheinungen erfahren. Die Nachricht gab mir die sofortige Intuition, dass dies echt ist, was da im damaligen Jugoslawien geschieht. Ich war allerdings viel zu sehr mit meinem eigenen Leben beschäftigt, als dass ich den Plan gefasst hätte, dorthin zu fahren. Erst im Jahre 1998 bei einem Gebetstreffen mit dem Seher Ivan Dragičević und Pater Slavko in München reifte in mir der Entschluss, mit meiner Frau nach Medjugorje zu pilgern. Es folgten zahlreiche Besuche mit meiner Familie zu Ostern. Eines Tages wurde mir bewusst, dass Medjugorje zur Routine geworden war, und ich begann, mich mit der Seherin Mirjana zu beschäftigen. Stundenlang habe ich mir Abend für Abend die Videos ihrer Erscheinungen, die sie über viele Jahre am zweiten jedes Monats beim blauen Kreuz hatte, angeschaut. Ihr aufgrund eines Rückenleidens schmerzverzerrtes Gesicht zeigte auf einen Schlag eine völlige Verwandlung, Schmerzfreiheit, Strahlen und Hingabe, die Spiegelung dessen, was sie sah. Schließlich fand ich die Bemerkung in ihrer Autobiografie, dass wir der Muttergottes genauso real begegnen können wie sie, nur nicht mit den Augen. Für mein Leben begann ein neues Kapitel mit Medjugorje, ein neues Kapitel im Verständnis der Bibel, der Liturgie, der Lehre der Kirche und ihrer Heiligen.

Der Himmel beginnt bereits hier

Das Leben auf dieser Erde ist nur vorübergehend, unser Ziel ist der Himmel, die ewige Vereinigung mit Gott. Diese Erde ist nicht für die Ewigkeit bestimmt. Die Belege hierfür im Neuen Testament und in der Tradition der Kirche sind geradezu erdrückend. „Unsere Heimat ist im Himmel.“ (1 Phil 3, 20-21), „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ (Eph 3,17), „Herr,  unser Gott, Du hast uns geschaffen, damit wir dich preisen…“ (Tagesgebet 4. Sonntag im Jahreskreis), „Immer mehr vernehmen wir den Duft des Paradieses, das uns anzieht.“ (Die Seherin Marija Pavlović am 27. September 2023 im Stephansdom). Und immer wieder wird betont, „der Himmel beginnt bereits hier“. Der Zugang zu dieser Realität erfolgt in erster Linie über das Gebet, über das Gebet mit dem Herzen, wie man in Medjugorje sagt. „Ein Vaterunser genügt, aber es muss von Herzen kommen“, so die 20-jährige Mirjana in der BBC-Dokumentation aus dem Jahr 1986 „Madonna of Medjugorje“. „Der Himmel ist viel näher, als wir denken“, resümiert mein lieber Kollege, Christian Stelzer, in seinem jüngsten Video über seine bis in die Anfänge zurückreichenden Erfahrungen mit Medjugorje. Ja, wir haben Grund zur Hoffnung, wir haben Grund zur Freude, aber nur aus einer übernatürlichen Perspektive, die wir uns in der Stille und im Gebet mehr und mehr aneignen können. Wir dürfen die Muttergottes und Gott selbst um Schutz und Glück für unser Leben bitten. Wir haben aber keine Garantie, dass wir das bekommen, was wir uns vorstellen.

15.000 Menschen haben sich 1994 in dem inzwischen kirchlich anerkannten Marienerscheinungsort Kibeho in Ruanda versammelt, in der Hoffnung, bei der Muttergottes Schutz vor dem Massaker der Hutus zu finden. Alle wurden grausam ermordet. Die Mörder waren es dann, die mit ihren Taten weiterleben mussten. Wurden die Hoffnungen der Opfer auf Schutz durch die Muttergottes enttäuscht, als sie sich in der Ewigkeit wiederfanden? Dennoch, Gott wirkt ganz tief in unser diesseitiges Leben hinein und gibt unseren Alltagshoffnungen durch den Glauben eine neue Dimension. „Danke, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid und für meine Anliegen gebetet habt. Ihr werdet es nicht bereuen, weder ihr, noch eure Kinder und die Kinder eurer Kinder“, so die Worte der Muttergottes an Marija Pavlović auf dem Podbrdo am ersten Tag dieses Jahres 2024. Tausende waren berührt, sie haben geweint und sie stiegen voller Hoffnung für das neue Jahr den Berg hinab.

Dr. Christian Spaemann ist Facharzt für Psychiatrie

und Psychotherapeutische Medizin in

Schalchen bei Mattighofen im oberösterreichischen

Innviertel.