„Maria führt uns im geistigen Leben wie ein Bergführer“

Der Schweizer Martin Filipponi wurde am 13. Mai 2017 vom Churer Bischof Vitus Huonder zum Priester geweiht. Die Geschichte seiner Berufung begann 1996 in Medjugorje. Martin studierte zuerst Pflegewissenschaften und arbeitete als Diplomkrankenpfleger auf der medizinisch-onkologischen Abteilung des Krankenhauses Brig. Im Jahr 2009 entschloss er sich, dem Ruf zum Priestertum zu folgen. Er studierte an der theologischen Hochschule in Chur und an der philosophisch-theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz bei Wien.
Beim „Mladifest“ in Medjugorje gab er Anfang August dieses Jahres Zeugnis von seinem Weg.

Grüß Gott, mein Name ist Martin Filipponi. Die Geschichte meiner Berufung

begann 1996, als ich zum ersten Mal nach Medjugorje kam. Ich wusste nichts vom Gebet oder von der Anbetung. Den Rosenkranz sah ich nur in den Händen von alten Frauen. Als wir hier ankamen, wurde ich in das Rosenkranzgebet und in die Anbetung eingeführt und das ging so: Ich betrat die kleine Anbetungskapelle: Jung, sportlich und stolz. Dort sah ich ältere Frauen auf den Knien und sagte zu mir: „Was die können, kann ich auch!“ Und so ging ich vor dem Herrn auf die Knie  nach fünf Minuten saß ich wieder. Das war eine schöne Demütigung, weil die alten Frauen mit ihren grauen Haaren immer noch knieten.

Im falschen Film?

Doch plötzlich ist es geschehen: Ich schloss die Augen vor dem Herrn und bin ins Gebet eingetaucht. Nach einer Weile dachte ich, dass etwa eine Stunde vorüber wäre, aber es waren drei! Gott hat mich in diesem Moment das erste Mal im Herzen getroffen. Und es war schön! Erhaben! Dann kam ich aus der Kapelle heraus und habe das erste Mal am Horizont gespürt: „Wie wäre es, Priester zu werden?“ Ich war sechzehn Jahre alt. Aber in diesem Alter spürt man auch die Hormone. Da war eine Irin mit schönen roten Haaren, Sommersprossen – und ich habe gesagt: „Herrgott, lieber heiraten und sieben Kinder!“ Das nächste Mal war ich bei einem Jugendfestival hier. Im Bus wurde der Rosenkranz gebetet, aber ich habe Musik gehört, denn ich wollte nicht beten. Wir kamen hierher, auf den Platz, alle waren gut drauf und haben zur Musik getanzt. Ich habe gesagt: „Ich bin im falschen Film!“ So war die Kirche für mich nicht erhobene Hände etc. Aber: Es war schön! Nach diesen Tagen kam eine Frische, ein Frühling in mein Herz. Eine Freude am Glauben, die ich noch nie gespürt hatte. Ich ging nach Hause und beichtete bei einem Neupriester. Ich habe einfach an seine Tür geklopft und gesagt, dass ich beichten möchte. Es war ganz nüchtern, ganz einfach. Er gab mir die Absolution, ich verließ das Pfarrhaus und eine Leichtigkeit im Herzen und eine große Freude durchdrang mich. Das war meine erste Beichterfahrung. Liebe Jugendliche, hier in Medjugorje ging es mit dem Sakrament der Versöhnung weiter. Manchmal wartete ich drei Stunden um zur Beichte zu gehen und es tat so gut! Da habe ich intuitiv etwas gespürt, was du sonst nie bekommst.

Was ist bei einem Priester anders?

In der Schweiz arbeitete ich auf der Palliativ-und Onkologie-Station mit sterben den, krebskranken und chronisch kranken Menschen. Wir haben viel für sie getan, viele Medikamente gegeben, aber wenn der Priester auf die Station kam und die Krankensalbung spendete, erkannte man manchmal die Leute nicht mehr wieder, weil es ihnen besser ging, körperlich oder geistig. Und ich fragte mich im Herzen: „Wir haben teure Medikamente, super Technik, aber der Priester kommt, zieht die Stola an, spendet das Sakrament und es ist noch dazu gratis! In der Schweiz ist alles teuer und der Priester macht das kostenlos und die Wirkung ist umso größer, was läuft da?“ So wuchs mein Ruf zum Priestertum. Nicht theoretisch, nicht durch Bücher, sondern durch Erfahrung! 2009, fast vierzehn Jahre nach dem ersten Gespür für das Priestertum hier in Medjugorje, konnte ich am 31. Oktober im Wienerwald im Stift Heiligenkreuz „Ja“ sagen! An diesem Ort habe ich Vorbilder von Priestern gesehen und noch etwas war da: Maria, die Beichte, die Anbetung,  der Rosenkranz und für mich neu: die Bibel. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Hl. Schrift für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Ich musste erst lernen, das Wort Gottes zu verkosten. Die Beautyfarm der katholischen Kirche! Ich möchte zurück zur Beichte kommen. Im Seminar kam jeden Samstag ein Beichtvater und setzte sich manchmal von 20.00 Uhr bis morgens um 02.00 / 03.00 Uhr in den Beichtstuhl. Wisst ihr, ein Priester lernt das Beichten nicht von Büchern oder vom gescheit Reden, sondern wenn er selbst auf die Knie geht. Was macht die Beichte mit dem Menschen? Was macht sie mit jungen Seminaristen? Die Beichte ist das Sakrament des Heiles. Wir waren viele Spätberufene mit Bindungen, Verletzungen, Erfahrungen, die nicht immer positiv sind. Und dort erfuhren wir Heilung, Befreiung und die Lossprechung von Gott, konkret! Verlassen wir kurz das Zeugnis. Meine Damen, hören Sie gut zu! Der Beichtstuhl ist die Beautyfarm der katholischen Kirche. Sie gehen nicht so schön hinein und kommen schön heraus. Ist es so oder nicht? Wir können uns fragen, warum ist das so? Weil Gott uns tief im Herzen berührt. Manchmal tiefer, als uns lieb ist und er verzeiht uns alles! Nach der Lossprechung sehen wir Gott in einem anderen Licht und dadurch uns selbst! Wir nähern uns der Wahrheit und die Wahrheit geht einher mit der Schönheit. Meine Damen und Herren: Sie können vierzehn Tage lang verreisen, viel Geld ausgeben und Kuren, Kosmetik und Schminke anwenden, aber diese Schönheit, die Sie im Beichtsakrament erhalten, bekommen Sie nirgends sonst, weil Jesus Sie schön macht!

Unsere Antwort auf Gottes Ruf muss konkret werden!

Ich möchte noch etwas zum Ruf sagen: Wenn wir in die Stille gehen, nicht nur in die äußere, sondern in die innere Stille, die Herzensstille, dann kann es sein, dass Jesus spricht. Es kann sein, dass man den Ruf verspürt zur Ehe, zum Priestertum, zum Ordensleben – und keiner ist besser oder schlechter als der andere, es braucht beides! Wir brauchen gesunde Familien mit Vater und Mutter und Kindern, und wir brauchen heilige Priester. Das zusammen gibt eine Revolution. Und wir brauchen die Ordensleute, damit sie uns den Rücken stärken. Darum grüßt jede Ordensfrau jeden Ordensmann, denn sie geben ihr Leben im stillen Tun für die Kirche hin! Wenn Gott Sie ruft warten Sie nicht so lange wie ich, nämlich vierzehn Jahre. Denn das Warten zieht, es reibt, es nimmt Kraft und braucht Nerven. Suchen Sie sich einen geistigen Begleiter, beten Sie, und dann soll es konkret werden. Warum? Das Wort Gottes wurde konkret Fleisch. Es wurde nicht eine Theorie, nicht eine Metapher, es wurde Mensch! Und der Glaube muss sich ausbreiten! Er muss konkret werden! Nicht in der Möglichkeit bleiben, nicht in der Potenz, sondern konkret! Folgt dem Ruf und dann werdet ihr glücklich! Wenn ihr in die Ehe wollt, sucht eine gute Partnerin, eine gute Ehefrau aber konkret! Wenn ihr Priester werden möchtet, dann geht konkret ins Seminar und nicht nur Party machen und umhershakern, es muss konkret werden. Und wenn ihr den Ruf spürt, ins Kloster zu gehen, geht ins Kloster! Sucht eine gesunde, marianische, eucharistische, apostolische Gemeinschaft, konkret!

Mit Maria kommt der Frühling!

Wir sind hier in Medjugorje. Ich komme aus dem Wallis und wir haben große Berge  die schönsten Berge! Wenn man nach Zermatt geht, dann schaut man das Matterhorn an oder man besteigt es sogar. Und wenn man in Medjugorje weilt, dann ist es ein Muss, seine Knie in der Anbetung vor dem Herrn zu beugen. Sein Herz dem Herrn hinzuhalten, sich von ihm berühren zu lassen, ihm die Wunden hinzuhalten und sein Freund zu werden. Ein zweites Muss: Gehen Sie in die Beautyfarm der katholischen Kirche, weil es gut tut, weil es schön ist, und weil es innerlich leicht macht. Bleiben wir beim Matterhorn. Maria ist wie ein Bergführer  sie hat mich immer geführt, an die Hand genommen. Bei uns haben die Bergführer ein Seil, womit sie den Gast, wenn es das Wetter erlaubt, auf den Gipfel führen. Ein guter Bergführer kennt alle Berge. Maria ist unsere Mutter. Sie führt uns im geistigen

Leben, wie ein Bergführer. Wie der Bergführer jeden Berg kennt, kennt sie jeden Heiligen, jeden Engel und sie kennt vor allem den Gipfel: Jesus! Wenn wir es erlauben, dass sie uns an die Hand nimmt, führt sie uns geschickt durchs geistige Leben. Was ist ihr Seil? Der Rosenkranz! Und wie ein Seil imprägniert werden muss, damit es die Nässe aushält, so soll der Rosenkranz gesegnet werden.

Ein Bergsteiger sollte das Seil nicht nur anschauen, sondern es auch benutzen. Liebe Freunde, es gibt bei uns Orte, wo Maria ausgeklammert wird: im Herzen, in der Familie. Man macht lieber Feng Shui und Homöopathie, aber man betet den Rosenkranz nicht mehr. Die Pfarreien weihen sich nicht mehr der Muttergottes, die Diözesen und die Länder denken es ist zu romantisch außer Österreich, deren Bischöfe haben ihr Land Maria neu geweiht und die Schweizer werden nachziehen, denn wir haben das „Plus“ auf der Flagge! Wenn Maria fehlt, dann wird alles trocken, prozesshaft (Entschuldigung ihr Männer) vermännlicht, anfällig für Ideologien und da meine ich nicht nur Gendermainstreaming. Wenn Maria mit uns geht, wenn wir sie einladen, dann werden unsere Herzen, unsere Familien, Pfarreien, Diözesen unser Land mütterlich, warm, es kommt Freude, Frühling und Aufbruch. Ich habe meine Wohnung in Davos selbst eingerichtet, das war gut, aber etwas fehlte. Ich habe mit meiner Mutter telefoniert und gesagt: „Mama, ich brauche dich. Hier fehlt die Finesse, das Detail, das Schöne!“ – genau so ist es mit Maria.

Wir Priester brauchen euer Gebet!

Liebe Freunde, noch etwas Wichtiges. Wir alle kennen Priester aus unseren Pfarreien, wir können sie kritisieren, bitteschön, aber betet fünfmal mehr für sie, als ihr sie kritisiert. Der Priester bringt das Opfer dar. Er betet für euch. Er gibt sich selber als Opfer dar für die Kirche, für die Gemeinde. Und hört gut zu: Wir brauchen euer Gebet. Ohne euer Gebet ist es, als wären wir Priester im Winter auf dem Gipfel des Matterhorns, frierend, nur mit Flip-Flops, Badehose und Sonnenbrille im Schneesturm! Wir würden verzweifeln! Durch das Gebet von euch allen legt ihr uns einen warmen Mantel um! Bitte, betet für die Priester. Wir brauchen euer Gebet! Liebe Jugendliche, noch etwas: Lebt aus den Sakramenten, lebt aus der Stille, damit die Liebe in euch wächst  das ist die beste Werbung für das Reich Gottes, für die authentische Kirche! Amen.

aus „medjugorje aktuell“ 2017.9