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Heilige des Monats – Juli 2016 | Selige Irmengard von Chiemsee

Selige Irmengard von Chiemsee

Heilige des Monats – Juli 2016

Irmgard  (Irmengard)  war  die  Tochter  des König Ludwigs des Deutschen (+876) und der seligen Hemma (+876), deren Leib in Re- gensburg begraben ist. Die Familie schenkte sieben Kindern das Leben. Neben Irmgard tra- ten drei Schwestern, nämlich Hildegard, Gisla (Gisela) und Berta ebenfalls in einen Orden ein, um ihr Leben ganz Christus zu schenken. Berta wird auch, da sie das Züricher Frau- enmünster vollendet hat, als Heilige im Volk verehrt. Die selige Irmgard wird in der Fami- lienchronik der Karolinger nur kurz erwähnt. Ihr Geburtsjahr ist nicht genau bekannt, wahr- scheinlich war es das Jahr 833. Auch über ihre Kindheit berichtet die Geschichte nichts. Als Königstochter wurde sie in allem erzogen, was zur Bildung einer Frau von fürstlichem Rang in der damaligen Zeit gehörte. Wann Irmga- rd den Schleier nahm und nach Frauenwörth (=Frauenchiemsee) kam, steht nicht fest.
Der Chiemsee mit der Herreninsel und der Fraueninsel sind heute noch sehr besuchte Anziehungspunkte Süddeutschlands. Auf der Herreninsel befand sich ein Chorherrenstift, auf der Fraueninsel ein Benediktinerinnen- stift, die beide 1803 aufgelöst wurden. Aber schon 1838 erstand das Frauenstift neu. Dieses Kloster, das bis auf den heutigen Tag besteht, gründete einst der Bayerische Herzog Tassilo III. im Jahre 1770. Damit wieder zurück zu Irmgard von Frauenwörth.

Irmgard sollte jedenfalls das inzwischen ver- wahrloste und halb verfallene Kloster Tassilos wieder aufbauen, was sie auch tat. Das brachte ihr den Ruf ein, die „zweite Stifterin“ des Klo- sters zu sein. Wann genau das alles geschah, lässt sich heute nicht mehr genau feststellen, da mehrere Brände die Urkunden des Klosters auf der Fraueninsel vernichteten. Offenbar hatte König Ludwig der Abtei auf der Frauen- insel, die zuvor recht schwierige Jahre gehabt hatte, große Aufmerksamkeit geschenkt, sie großzügig  unterstützt  und  schließlich,  wohl um das Jahr 860, seine eigene Tochter Irmgard als Äbtissin eingesetzt. Eine über tausend Jahre alte Überlieferung jedoch besagt, dass Irmgard wie eine Heilige lebte.

Selige Irmengard von Chiemsee

Sie galt als Engel der Armen und aller Bedürftigen rund um den Chiemsee. Wenn zur Winterszeit der Schiffsverkehr auf dem See eingestellt war, soll sie in einem Einbaum zu den Armen gefahren sein. Sie selbst aß nur Fisch und Gemüse und führte ein strenges Bußleben. Sie besaß eine große Ausstrahlung, verbunden mit Führungsstärke und herzlicher Milde. Irmgard starb sehr jung am 16. Juli 866 in ihrem Kloster.

Als   etwa   150   Jahre   später   Schwestern von ihrem Kloster berichteten, dass ihnen Schwester Irmgard erschienen sei, wurden ihre  Gebeine  erstmals  1004  erhoben  und in einer schönen Grabstätte beigesetzt. Als man ihren Sarg öffnete, fand man unter ih- rer Ordenstracht ein Bußkleid aus harten Haaren. Auf Irmgards Grab war eine latei- nische Inschrift angebracht, die Abt Gerhard von Seeon (1004-1028), aus einer Abtei in Oberbayern, um das Jahr nach 1004 verfasst hat. Sie hatte folgenden Text (ins Deutsche übertragen): „Unter diesem weißen Marmor ruht die edle Jungfrau Irmengard, Gott teuer durch ihre heiligen Verdienste. Selig ist Kai- ser Ludwig, dessen Tochter sie war. Denn sie war voll ausgezeichneter Gaben und verließ Vater und Krone, um sich Christus zu wei- hen und hier als seine Gottesbraut zu leben. Hier führte sie ihre Schäflein dem Lamme zu und weihte ihm jungfräuliche Gefährtinnen. Es freue sich über sie das Frankenreich und ihr Vaterland, es frohlocke auch Bayern über eine solche Herrin. Gott selbst rief ihr aus der Höhe die süßen Worte zu: So gehe denn ein, o Jungfrau, in die Freuden deines Bräutigams! Möchten auch wir mit ihr dem schuldlosen Lamme folgen, darum bitte jetzt deinen Sohn, o heilige Maria!“ Immer wieder wandten sich Gläubige von da an mit der Bitte um Beistand und Fürsprache an Irmgard. Von der ersten Grabesöffnung an wird Irmgard als Selige gepriesen und öffentlich anerkannt.

Eine zweite Grabesöffnung und Übertragung fand 1631 unter der Äbtissin Magdalena Hai- denbucher statt. Bei dieser wurden die Ge- beine in einen neuen kleinen Zinnsarg über- tragen und in der Apostelkapelle beigesetzt. Da die Selige aber um das Jahr 1640 einigen Schwestern erschien und ihnen sagte, dass man sie in ein trockenes Grab legen soll, so wurden die Gebeine 1641 wieder in das alte Grab gebracht. Die Gebeine lagen im Wasser und das Grundwasser konnte nicht abgeleitet werden.

In der Klosterbibliothek fand man ein hand- schriftliches   Gebetbuch,   das   sogenannte „Kränzlein“, aus dem Jahre 1711. Da liest man über die selige Irmgard: „Das Himmel- reich ist gleich zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam ent- gegengingen; und als der Bräutigam kam, gingen sie mit ihm zur Hochzeit. Unter die- sen Jungfrauen bist auch du eine gewesen, du heilige und königliche Jungfrau Irmgard. Du hast die brennende Lampe des wahren Glaubens und der göttlichen Liebe in dei- nem Herzen getragen und bist deinem aus- erwählten Bräutigam in blühender Jugend entgegengegangen. Durch besondere Gnade Gottes bist du aus der schnöden Welt geru- fen worden, fort von deinem königlichen Stamm, von deinen lieben Eltern, deinem Herrn Vater Ludwig, dem König im Fran- kenreich, dessen liebste Tochter du warst, auch von allen deinen Freunden, Bekannten und einem lieben Vaterland bist du um der Liebe Gottes willen gerne geschieden. Viele Perlen und Edelsteine, Silber und Gold, Freuden und Ergötzungen hast du freiwillig verlassen und dir das ewige Leben erkauft. Aus fernem Lande bist du in dies raue Ge- birge gekommen. Zweifelsohne hättest du auch in deinem Vaterlande einen Ort für dei- nen geistlichen Stand gefunden. Aber es war der göttliche Wille, dass du zu uns in unser liebes Gotteshaus hast kommen müssen…. Du peinigtest deinen zarten Leib mit hä- renen Kleidern, mit Fasten, Wachen und viel Arbeit in geistigen und zeitlichen Gütern. Du wurdest zu unserer getreuen geistlichen Mutter und Äbtissin auserwählt. Dies Klo- ster hast du sehr wohl regiert, mit Ehre und Habe begabt, so dass du mit Recht für un- sere fromme und getreue Stifterin gehalten werden kannst… O du getreue Dienerin, alle Gnaden und Gaben hast du wohl angelegt und viele andere damit gewonnen… So hat dich dein Bräutigam nicht vergessen, son- dern dich mit Gaben und Gnaden bereichert im Leben und im Sterben.“

Die Verehrung der seligen Irmgard überstand auch die Aufhebung 1803. Das Kloster wur- de 1837 von König Ludwig I. wiedererrichtet und 1901 zur Abtei erhoben. Von 1920 an be- mühten sich die Schwestern um die offizielle Kanonisierung Irmgards. Im Jahre 1928 wur- de der Kult von Pius XI. offiziell genehmigt. Am 17. Juli 1929 wurde Irmgard von Pius XI. seliggesprochen.

Der aufgeklärte Pfarrer, der 1803 die Kirche als Pfarrer übernahm, ließ nach der Aufhe- bung des Klosters alle Votivtafeln aus der Kirche entfernen. Von jener Zeit erzählten die Chiemseefischer, dass die Abteikirche in der Nacht oft hell erleuchtet war. Und die Fischer sagten:  „Unsere  Äbtissin  geht  wieder  um. Sie verlässt ihre Kirche nicht, solange am Chiemsee gläubige Menschen leben!“ – Im Kloster Chiemsee leben und wirken zurzeit 30 Schwestern. Selige Irmgard von Chiem- see, bitte ganz besonders für die Schwestern des Klosters, aber auch um geistliche Beru- fungen für ganz Europa!

Dr. Johannes Gamperl