Gedanken zur Botschaft vom 25.09.2018 – Mag. Andreas Schätzle

Mag. Andreas Schätzle

Gedanken zur Botschaft vom 25.09.2018

Mag. Andreas Schätzle

Erntezeit

Mein Blick gleitet steil hinauf, steigt über die senkrechte Wand, die schlanken Säulen mit dem bunten, im Abendlicht glitzernden Glas empor, bis er sich hoch oben am äußersten, höchsten Punkt einhakt und verweilt. Vor Jahrzehnten habe ich sie zum ersten Mal wie zufällig entdeckt: die Statue der Immaculata im First der Kathedrale, wie sie mit jubelnder, geradezu tänzerischer Bewegung unser Herz noch höher ziehen möchte über das Dach des Kirchenschiffes hinaus. Seitdem sucht mein Blick sie immer neu, diesen jubelnden Stern der Hoffnung – inmitten der festlichen Liturgien, während der Weihen und Versammlungen, an den Abenden der Barmherzigkeit, inmitten der wogenden Menge von Besuchern und Betern, inmitten von Weihrauch, Lichtern und Gesängen und eben auch heute. Es ist Friedensgebet im Hohen Dom zu St. Stephan, Message for You, Botschaft für Dich.
Ich sitze im Chorgestühl unter dem Altarbild der Steinigung des Stephanus, unter der jubelnden Statue der Immaculata; der Dom ist bis auf den letzten Platz gefüllt, wir beten den Rosenkranz, und soeben ist es still geworden, als Ivan seinen Blick hebt, nicht auf eine Statue, sondern auf sie selbst: die Mutter und Königin, die Gospa, die seit 37 Jahren zu uns kommt. Später singen wir: Gospa maika moja, Maria meine Mutter.

Gospa maika moja

Als ich vor über 30 Jahren als junger Student nach nächtlicher Fahrt zum ersten Mal über der Herzegowina die weißen Türme der Kirche von Medjugorje auftauchen sehe und wir dieses Lied im Bus anstimmen, da spüre ich – unverwechselbar – ihre Gegenwart, wie eine sanfte Umarmung, wie eine Mutter, die dir schon auf der Straße entgegeneilt, um dich zu umarmen und zu begrüßen: „Liebe Kinder!“ Mein Kind, jetzt bist Du hier bei mir.
Auch Erzbischof Henryk Hoser, der Apostolische Visitator, der zu uns in den Dom gekommen ist, spricht von Musik und betont, dass wir ja in Wien, der Musikhauptstadt Europas, sind: „Es gibt immer eine musikalische Begleitung – einen Hintergrund für die Musik. Wenn wir das Avemaria beten, das sich beim Rosenkranz stets wiederholt und uns begleitet, machen wir sozusagen die Hintergrundmusik, die Begleitung für unser Gebet. Denn die Gottesmutter hat das ganze Leben Jesu begleitet“. Maria, die Begleiterin Jesu, begleitet auch uns und unser Gebet. Und dann die Melodie: die Geheimnisse des Rosenkranzes. „Das ist die Melodie, die wir singen, wenn wir den Rosenkranz beten.“ Den Glauben zu singen, wie eine Mutter mit ihren Kindern singt.

„Liebe Kinder!“ So beginnt die Gottesmutter jede ihrer Botschaften, aber in dieser aktuellen Botschaft wiederholt sie diesen Gruß noch einmal, eindringlich: „Meine lieben Kinder!“ Von neuem umarmt sie uns, von neuem ruft sie uns und lädt uns ein. Message for You, Botschaft für Dich. Lasst uns hinhören!

Es ist Erntezeit

Ganz nahe ist sie ihren Kindern, ganz nahe ihrer täglichen Arbeit, draußen am Feld und drinnen auf dem Ackerboden des Herzens. Es ist Erntezeit. „Die Natur reicht euch Zeichen ihrer Liebe durch die Früchte, die sie euch gibt“. Die Natur beschenkt uns aus ihrem Reichtum. Das Leben meint es gut mit uns. Mutter Erde liebt uns. Nach dem Wort Gottes gibt es eine tiefe, ursprüngliche Beziehung zwischen der Erde und dem Menschen. Aus Ackererde (adama) formte Gott den Menschen und setzte ihn in den für ihn gepflanzten Garten Eden. „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“ (Gen 1,31). Gott sagt Dir: „Es ist so gut, dass es Dich gibt. Ich liebe Dich!“ Er segnet uns durch seine wunderbare Schöpfung. Und er segnet uns in seinem Sohn, der Mensch wird, um die Erde zu heilen: Jesus, unser Heiland.

So segnet und liebt uns die Mutter selbst: „Ihr habt durch mein Kommen reichlich Gaben und Früchte erhalten.“ Welcher Art sind diese GABEN und FRÜCHTE, die Gott uns durch das Kommen der Gospa gibt? Bei einer der allerersten Erscheinungen zeigt sich Maria den Kindern mit dem Jesuskind auf dem Arm: Jesus ist die FRUCHT ihres Leibes. Er ist die GABE aller Gaben. Und er, Jeschua, gibt den Geist unbegrenzt (Joh 3,34) mit seinen wunderbaren Gaben und Früchten. „Die Wüste macht er wie Eden, die Öde wie den Garten des Herrn. Freude und Fröhlichkeit findet man dort, Lobpreis und den Klang von Liedern.“ (Jes 51,3).

Halte inne!

Das mag nun eine theologisch stimmige und schöne Antwort sein. Vielleicht aber trifft sie nicht direkt die ganz persönliche Dimension unserer Beziehung zu Jesus und Maria. Deshalb lade ich Dich ein, lieber Leser, liebe Leserin, Dich ganz persönlich zu fragen: Welche Gaben und Früchte hast Du durch das Kommen Mariens empfangen? Halte inne und frage Dich: Welche Gaben hat Gott Dir durch Maria geschenkt und welche Früchte durften in Deinem Leben wachsen? Vielleicht nimm ein Stück Papier und schreib es auf. Persönlich. Konkret.

Ein kleines Beispiel aus meinem Leben möchte ich dazu geben: Während mir in einem abendlichen Gespräch vor über 30 Jahren ein Bekannter von den Geschehnissen in Medjugorje erzählte, wandelte sich meine anfängliche erhebliche Skepsis nach und nach in ein tiefe Gewissheit: In den Erscheinungen und Botschaften von Medjugorje wird das Evangelium für heute neu lebendig und konkret. Hier spricht Gott prophetisch in unsere Zeit – und auch in mein Leben.

Der frische Wind des Evangeliums

Prophetisches Reden kann auch Mahnung sein. Der zweite Teil der Botschaft scheint mir eine solche Mahnung in Form einer liebevollen und erneuerten Einladung zu sein: „Meine lieben Kinder, Gott weiß, in welcher Weise ihr auf meinen Ruf geantwortet habt.“ Auch hier darf ich mein ganz persönliches Fragezeichen setzen.

Und weiter: „Ich rufe euch auf: Es ist nicht zu spät, entscheidet euch…!“

Es ist Erntezeit. Das heißt: Eines Tages werden die Früchte meines Lebens eingefahren. „Entscheidet euch für die Heiligkeit und für das Leben mit Gott in Gnade und Frieden!“ Vor wenigen Wochen haben wir am Sonntag im Jakobusbrief gelesen: „Wo Frieden herrscht, wird von Gott für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut“ (Jak 3,18).

Und Maria schließt ihre Botschaft mit einem Erntebild. Mit Anklang an die Worte Jesu im Evangelium (vgl. Mk 4,20) verheißt sie uns die Fülle des Segens Gottes und eines Lebens, das auf Ihn baut und vertraut: „Gott wird euch segnen und euch hundertfach geben, wenn ihr auf Ihn vertraut.“

Heiland, heile uns!

Es ist Nacht geworden. Wir knien in der Eucharistischen Anbetung vor Jesus. Wir singen, schweigen, beten. Ganz dunkel ist’s im Dom, nur die Statue der Immaculata leuchtet über uns wie ein heller Stern – und Jesus im Sakrament am Altar. Unser Kardinal betet mit leiser, über das Mikrophon verstärkter Stimme:

„Jesus, heile! Heile in uns, was wund ist. Und heile auch, was unsere Sünden an Wunden gemacht haben – bei uns, bei anderen. Heiland, heile uns. Heiland, befreie uns. Heiland, rette uns. Danke, dass Du unser Heiland bist… mein Heiland. Danke, Jeschua, Gott, der rettet!“